Mit: Anna-Katharina Schwabroh, Martin Rapold, Regula Grauwiller, Yangzom Brauen, Pierre Semmler, Claude-Oliver Rudolph u.a.
Kurzinhalt:
In nicht allzu ferner Zukunft ist die Erde unbewohnbar geworden. Jene, die es sich nicht leisten konnten, zum paradiesischen Planeten Rhea auszuwandern, leben zusammengepfercht in Raumstationen, welche die tote Erde umkreisen. Um das notwendige Geld für eine Reise nach Rhea zu beschaffen, heuert die junge Ärztin Laura auf einem Frachter an, der Material zu einem entlegenen Außenposten bringen soll. Die Reise wird 4 Jahre hin und ebenso lange wieder zurück dauern, wobei die Crew den überwiegenden Teil davon im Tiefschlaf verbringt und sich was den Wachdienst auf dem Schiff betrifft immer abwechselt. Als Laura’s Schicht gekommen ist, beschleicht sie auf ihren Patrouillen zunehmend das Gefühl, nicht allein zu sein. Schließlich beschließt sie, auch den Rest der Crew – darunter einen Skymarshall, der sichergehen soll, dass der Transport nicht Opfer einer terroristischen Fraktion wird – zu wecken. Zuerst will ihr niemand glauben, doch als einer von ihnen ermordet wird, macht man sich auf die Suche nach dem Eindringling…
Review:
Als ich Anfang des Jahres in einer Filiale einer bekannten Elektronik-Kette die DVD-Neuveröffentlichungen durchstöbert habe, staunte ich nicht schlecht, als ich inmitten all der wohlbekannten Blockbuster plötzlich dieses Genre-Kleinod im Regal fand. Als jemand, der sich sehr für Filme interessiert und insbesondere für das SF-Genre eine Vorliebe hegt, bin ich üblicherweise über anstehende Veröffentlichungen sehr gut informiert – umso überraschter war ich, hier die DVD eines Films vorzufinden, von dem ich noch nie zuvor gehört hatte. Der Blick auf die Rückseite offenbarte schließlich auch den Grund dafür, handelt es sich bei Cargo doch um eine Produktion aus der Schweiz, die sowohl in Österreich als auch Deutschland nie regulär ins Kino kam. Auch wenn die Inhaltsangabe etwas nach Filmen á la "Event Horizon" und "Pandorum" klang, beschloss ich, dem Film bei meinem nächsten Besuch der Videothek meines Vertrauens eine Chance zu geben – und habe es nicht bereut!
Was an "Cargo" vor allem besticht, ist die optische Umsetzung. Vor allem angesichts der Tatsache, dass a) das Budget wohl nicht überragend groß gewesen sein dürfte, angesichts des Nischencharakters des Films, und b) es in der Schweiz bisher kaum Bedarf an Firmen gab, die Special Effects herstellen, können die Effekte hier durchaus beeindrucken – wenn sie es natürlich nicht mit millionenschweren Hollywood-Produktionen aufnehmen und ihre Computerherkunft nie ganz verbergen können. Trotzdem wissen sie vor allem aufgrund ihrer gelungenen Bildkomposition und der atmosphärisch-künstlerischen Farbgestaltung zu gefallen. Auch die Inszenierung ist gelungen. Ivan Engler und Ralph Etter sorgen vor allem in jenen Szenen, in denen entweder Julia allein oder auch die Crew auf der Suche nach dem Eindringling durch das riesige, scheinbar verlassene Schiff streift, für eine überzeugende, spannend-klaustrophobische Stimmung (wenn "Cargo" auch dem Vergleich mit dem ganz ähnlichen "Pandorum" in diesem Aspekt nicht ganz stand hält). Abgerundet wird der positive Gesamteindruck schließlich durch die atmosphärische Filmmusik von Fredrik Strömberg.
Die Story an sich kann leider nicht ganz so sehr überzeugen. Obwohl "Cargo" eine Geschichte erzählt, die man genau so noch nicht kennen mag, fühlt sich das ganze doch irgendwie seltsam bekannt an. Das fertige Gericht mag ein neues, durchaus originelles Rezept sein, aber als Genrefan schmeckt man die einzelnen Zutaten doch recht deutlich heraus. Ein bisschen Verschwörung durch ein Unternehmen hier, etwas "Öko-Terrorismus" da, gepaart mit einem Schuss "Virtual Reality", und mit einer Prise Horror in Form eines unbekannten Eindringlings an Bord, und fertig ist "Cargo". Das allein macht die Handlung noch nicht unbedingt schlecht, aber irgendwie kann das Grundkonzept hier besser gefallen als das Endprodukt. Einige der Szenen und Momente – vor allem am Ende, als Laura auf ihre Schwester trifft – sind durchaus gelungen, zugleich gibt es aber auch Elemente wie (Achtung, Spoiler!) der Helden-Aufopferung (Spoiler Ende), die ungemein klischeehaft wirken. Immerhin war die Handlung soweit ohne gröbere logische Schwächen, was es euch erspart, einen Kalauer á la "so löchrig wie schweizer Käse" von mir ertragen zu müssen.
Auch die schauspielerischen Leistungen sind eine durchwachsene Angelegenheit. Während Anna-Katharina Schwabroh in der Hauptrolle mit einer herrlichen, nuancierten Performance absolut überzeugen kann, sind andere Leistungen schwach bis richtiggehend schlecht; wie z.B. von Regula Grauwiler, deren Figur dank ihrer Darstellung teilweise zu einer Karikatur verkommt. Doch auch einige der bekannteren und besseren Mimen scheitern daran, ihre Figuren aus der Klischee-Schublade herauszuspielen, und bleiben leider recht eindimensional und daher wenig interessant. Hier ist jedoch fairerweise auch das Drehbuch zu schelten, denn während die Handlung an sich noch eher überzeugen kann, scheinen die Autoren ihre Figuren – mit Ausnahme von Laura – nur als Mittel zum Zweck zu betrachten, oder gar als ein notwendiges Übel, um ihre Geschichte zu erzählen. Dies ist letztendlich auch der Hauptgrund, warum "Cargo" trotz einiger vielversprechender Ansätze gegenüber ähnlichen Filmen wie "Pandorum" den Kürzeren zieht.
Fazit:
Dem Anspruch, den großen SF-Hollywoodproduktionen ebenbürtig zu sein, wird "Cargo" nur bei den Effekten, der musikalischen Untermalung sowie der optisch überzeugenden sowie angenehm atmosphärischen Inszenierung wirklich gerecht. Dahingegen schwanken die schauspielerischen Leistungen von gelungen bis katastrophal, und von Laura mal abgesehen werden die Figuren leider vom Drehbuch sehr vernachlässigt und äußerst lieblos behandelt, weshalb sie zu uninteressanten, klischeehaften Schablonen ohne Persönlichkeit verkommen. Es hilft auch nicht, dass die Geschichte aus "Cargo" einem irgendwie bekannt vorkommt, da man sich einiger genrebekannter Versatzstücke bedient – auch wenn diese zugegebenermaßen neu arrangiert werden, und diese ganz bestimmte Handlung genau so noch nicht dagewesen sein mag. Zudem ist sie durchaus interessant umgesetzt und verfügt über eine Aussage, die durchaus zu gefallen vermag, und auch sehr aktuell wirkt. Alles in allem ist unseren schweizer Nachbarn mit "Cargo" ein grundsolider, würdiger Genreeintrag gelungen, der das Rad zwar nicht neu erfindet, aber ein beachtliches, beherztes Erstlingswerk darstellt, zu dem man den Filmemachern – trotz aller Schwächen – nur gratulieren kann!