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Enttäuschende Neuauflage des Horrorklassikers Kategorie: Filme - Autor: Christian Siegel - Datum: Freitag, 29 Oktober 2010
 
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Wolfman
(The Wolfman, USA 2010)
 
Wolfman
Bewertung:
Studio/Verleih: Universal Pictures
Regie: Joe Johnston
Produzenten: U.a. Sean Daniel, Scott Stuber, Rick Yorn & Benicio Del Toro
Drehbuch: Andrew Kevin Walker & David Self
Filmmusik: Danny Elfman
Kamera: Shelly Johnson
Schnitt: Walter Murch & Dennis Virkler
Genre: Horror
Kinostart (Deutschland): 11. Februar 2010
Kinostart (USA): 12. Februar 2010
Laufzeit: 103 Minuten
Altersfreigabe: Ab 16 Jahren
Trailer: klick
Kaufen: Blu Ray, DVD, Soundtrack
Mit: Benicio Del Toro, Anthony Hopkins, Emily Blunt, Hugo Weaving u.a.


Kurzinhalt: ImageDer Schauspieler Lawrence Talbot erfährt im einem Brief von seiner Schwägerin vom grausamen Tod seines Bruders, und beschließt daraufhin, in seine Heimatstadt in England zurückzukehren. Die Leiche seines Bruders wurde übel zugerichtet – offenbar wurde er von einem wilden Tier angegriffen. Auf der Suche nach den Hintergründen des Todes streift Talbot eines Nachts durch die Wälder, und wird von einem wolfsähnlichen Geschöpf angefallen und gebissen. Zwar überlebt er schwer verletzt, doch beim darauffolgenden Vollmond verwandelt er sich in einen Werwolf. Schockiert über diese Transformation, tut er sein bestes um sein animalisches Ich unter Kontrolle zu bekommen. Zugleich blüht zwischen ihm und der Frau seines verstorbenen Bruders eine zarte Liebe auf – doch sein dunkles Geheimnis droht sie in größte Gefahr zu bringen…

Anmerkung: Das nachfolgende Review bezieht sich ausschließlich auf die Kinofassung des Films. Inwiefern einige der hier dargelegten Schwächen durch den längeren Director's Cut ausgeglichen wurden, kann ich mangels Sichtung (noch) nicht beurteilen.

Review: In den 90ern begann ein richtiggehendes Revival von alten Horrorklassikern und –ikonen. Den Anfang machte Francis Ford Coppola mit "Dracula", bald gefolgt von Kenneth Branaghs "Frankenstein". Und was immer man von ihnen halten mag, sie waren sehr originelle Filme, die eine Neuinterpretation wagten, und definitiv über einen gewissen künstlerischen Anspruch verfügten. Dann kam „Die Mumie“. Universal Pictures wollten ihren Konkurrenten in nichts nachstehen, und wollten ebenfalls eine ihrer alten Horrorklassiker neu aufleben lassen. Doch statt eines originellen Horrorfilms, für den sich ein namhafter Regisseur verantwortlich zeichnete, verpflichtete man Stephen Sommers, und entschied sich für einen möglichst publikumswirksamen Blockbuster. Das Ergebnis ist ein durchaus unterhaltsamer Abenteuerfilm der Mitte der 90er kurzfristig über die ständige Warterei auf ein weiteres Indiana Jones-Abenteuer hinwegtrösten konnte, aber weder mit Horror noch mit dem Original mehr viel zu tun hatte. Die Fortsetzung hingegen war ziemlich enttäuschend; dennoch ließ man sich nicht davon abbringen, erneut Sommers zu beauftragen, um mit "Van Helsing" gleich mehrere ikonische Universal-Monster auszuschlachten. Das Ergebnis ist einer der schlechtesten Blockbuster aller Zeiten.

ImageDiese kleine Reise in die Vergangenheit dient dazu, euch meinen Frust über "The Wolfman" begreiflich zu machen. Denn im Gegensatz zu den bisherigen Revivals alter Universal-Horrorklassiker schien man bei "Wolfman" eigentlich alles richtig zu machen. Das Setting im viktorianischen England wurde beibehalten, und man entschied sich auch, dem Horrorgenre treu zu bleiben. Mit Benicio del Toro schien die Idealbesetzung gefunden zu sein, und auch wenn Mark Romanek dem Film leider schon bald aufgrund kreativer Differenzen den Rücken kehrte und Joe Johnston zu den weniger visionären Regisseuren unserer Zeit zählt – vorsichtig ausgedrückt – sah "Wolfman" auf dem Papier wie einer der besten Horrorfilme seit langem aus. Auf der Leinwand hingegen zeigt sich ein ganz anderes Bild. Denn trotz einiger positiver Aspekte greifen die einzelnen Elemente nie so richtig ineinander, um ein stimmiges, überzeugendes Gesamtbild zu ergeben.

Eines der Hauptprobleme des Films ist das schwache, unausgegorene Drehbuch. Da man nicht warten wollte, bis der Streik der Drehbuchautoren vorbei ist, musste man den letzten Entwurf filmen, ohne weitere Änderungen vornehmen zu können – und das war definitiv ein Fehler. Einerseits zeigen sich die Drehbuchschwächen sehr deutlich bei den Dialogen. Mal gehen diese viel zu lang und dienen nur dazu, das ohnehin offensichtliche plakativ zu vermitteln, an anderer Stelle ist der Film wiederum viel zu still, und zu viel bleibt unausgesprochen. Auch das Tempo bzw. die Entwicklung des Films lässt zu wünschen übrig. Mit manchen Teilen der Handlung beschäftigt man sich zu lang, während andererseits zu vieles einfach übersprungen wird. Hier leidet "Wolfman" natürlich auch unter dem Konzept der Werwölfe: Da diese immer nur alle 4 Wochen ihre schreckliche Verwandlung antreten, müssen sich Drehbuchautoren etwas einfallen lassen, um die recht lange Zeit dazwischen zu füllen, damit diese nicht in ereignisloser Langeweile erstickt. Die Drehbuchautoren umgehen diese Problematik einfach, in dem sie die 4 Wochen zwischen den Vollmonden überwiegend im Zeitraffer abhandeln und/oder annähernd vollständig überspringen. Eben dadurch wird aber auch die Identifikation mit der Hauptfigur erschwert.

ImageVor allem die wachsende Liebe zwischen Talbot und Gwen, die das emotionale Rückgrat des Films darstellt, leidet enorm unter dieser sprunghaften Erzählweise, und macht es praktisch unmöglich, ihre Gefühle füreinander nachvollziehen zu können. Ein weiteres Problem des Drehbuchs bzw. des Films ist auch, dass man sich nur rudimentär mit dem Konflikt der sich im inneren von Talbot abspielt beschäftigt, mit seinem Kampf gegen seine animalischen Triebe und die Angst vor dem nächsten Vollmond, und sich stattdessen viel zu sehr auf seine Konflikte mit der AUSSENWELT konzentriert. Sei es nun sein Vater, der andere Werwolf, der Ermittler von Scotland Yard oder auch der wütende Mob aus dem Dorf. Dadurch bleibt leider viel an dramaturgischem Potential ungenutzt. Ein weiterer Grund für den Mangel an Spannung und Dramatik ist die Vorhersehbarkeit des Films. Vor allem eine größere Wendung ca. zur Mitte des Films wird wohl jeder der auch nur halbwegs Horrorfilm-Erfahrung mitbringt bereits viel zu früh erahnen können.

Leider aber kann auch den Schauspielern eine gewisse Teilschuld am Misserfolg des Films nicht abgesprochen werden. Der einzige, der restlos überzeugen kann, ist Hugo Weaving, alle anderen liefern eher durchwachsene Leistungen ab. Während Emily Blunt aus dem Nichts, dass ihr die Drehbuchautoren auf ihren hübschen Leib geschrieben haben, noch das Beste herausholt, wirkt Anthony Hopkins Performance ungewohnt lust- und lieblos. Teilweise wirkt er fast apathisch, dann wiederum verfällt er in schamloses Overacting. Auch von Benicio del Toro hätte ich mir mehr erwartet. Ich weiß nicht, ob er jene Nuancen und Untertöne, die das Drehbuch leider ausgespart hat, nicht hineinbringen konnte oder wollte (nachdem man Mark Romanek gefeuert hat). Seine Performance ist keinesfalls schlecht, schöpft aber meines Erachtens ebenfalls nicht alles aus, das an Potential dagewesen wäre. Zudem muss ich meine Ansicht, es würde sich bei ihm um die Idealbesetzung für diese Rolle halten, revidieren. Ja, er sieht bereits in Natura recht bedrohlich aus und hat etwas animalisches an sich, doch das ist genau das Problem: Hätte man einen völlig harmlos aussehenden Schauspieler für die Rolle gecastet, wie z.B. einen Tom Hanks, wäre der Kontrast zu seinem wölfischen Alter Ego deutlich größer und damit schockierender, als bei einem Bär von Mann wie Benicio del Toro.

ImageEin weiteres Problem des Films sind die Effekte. So greift man bei den Transformationen überwiegend auf CGI zurück – weshalb diese Effekte leider im Vergleich zum Rest des Films recht unangenehm hervorstechen. Auch Joe Johnston’s Inszenierung muss ich leider in einem Punkt kritisieren: den Splatter. Statt sich auf eine atmosphärische Inszenierung zu verlegen und nur die Auswirkungen von den Werwolf-Angriffen zu zeigen, gibt es hier nicht nur viel Filmblut sondern auch zahlreiche abgetrennte Gliedmaßen und ähnliche Grausamkeiten zu sehen. Eine künstlerische Entscheidung, über die man definitiv streiten kann – mir schien es zu den sonst eher ruhigeren Tönen des Films sowie der Art und Weise, wie er sich als würdiger Vertreter des klassischen Horrors präsentieren will, nicht so recht zu passen. Mein letzter Kritikpunkt gilt der Musik. Danny Elfman war in den letzten Jahren ein "Hit and Miss"-Komponist, und sein Score für "Wolfman" fällt für mich leider in die letztere Kategorie, da sie zu viel Aufmerksamkeit auf sich selbst lenkt, statt nur die Atmosphäre des Films zu unterstützen.

Trotz seiner zahlreichen Schwächen ist "Wolfman" aber sicherlich kein ähnliches Debakel wie "Van Helsing". So sind die Werwolf-Masken von Rick Baker sehr gut gelungen, und sicherlich eines der Highlights des Films. Joe Johnson’s Inszenierung mag was Atmosphäre, Spannung und den Aufbau des Films betrifft zu wünschen übrig lassen, hat aber dennoch ein paar interessante Einstellungen und schöne Bilder zu bieten, wobei vor allem die Farbgebung stellenweise hervorsticht. Insbesondere die nebligen Wälder setzt er teilweise gefällig in Szene. Auch das Drehbuch, so durchwachsen es auch sein mag, hat seine Momente. Die Szenen im Sanatorium z.B. gehören sicherlich zu den besten des Films. Oben bereits erwähnt, aber auch hier will ich es noch einmal positiv hervorheben: Dass man das Setting im viktorianischen England belassen hat, gehörte definitiv zu den besten Entscheidungen, die man bei dieser Filmproduktion getroffen hat. Auch Kostüme und Ausstattung wissen zu gefallen und können überzeugen. Last but not least: Der Showdown zwischen den Werwölfen mag zwar sehr schwach gewesen sein, einfach da erneut zwei CGI-Kreaturen gegeneinander kämpfen ("Van Helsing" lässt grüßen), aber das eigentliche Ende war dann nicht nur gelungen und sorgte für einen versöhnlichen Abschluss, es hatte für mich sogar eine kleine Überraschung zu bieten, da ich eigentlich fix mit einem anderen Ausgang gerechnet hatte.

Fazit: Image"Wolfman" ist sicherlich kein schlechter Film, aber für mich war er sehr frustrierend. An allen Ecken und Enden des Films ist das Potential für einen modernen Horrorklassiker erkennbar – welches leider nur so gut wie überhaupt nicht ausgeschöpft wurde. In erster Linie ist "Wolfman" in praktisch allen Belangen eine sehr durchwachsene Angelegenheit. Während die Make-Up-Effekte von Rick Baker überzeugen können, stechen die CGI-Szenen unangenehm hervor. Einzelne atmosphärische Szenen wechseln sich ab mit entbehrlich wirkenden Splattereinlagen, die sich mit dem scheinbaren Anspruch des Films, einen Horrorfilm im klassischen Gewand abliefern zu wollen, nicht recht in Einklang bringen lassen wollen. Die größte Schwäche ist aber sicherlich das unausgegorene Drehbuch, das sowohl bei den Dialogen als auch der Erzählweise sehr zu wünschen übrig lässt, und gegen das selbst die wenigen gelungenen Aspekte der Produktion machtlos sind. Wenn sich zu diesen Schwächen dann auch noch eine inkonsistente Inszenierung und durchwachsene schauspielerische Leistungen dazugesellen, die von gelungen über bemüht bis hin zu mangelhaft schwanken, wird's haarig. Wie heißt es doch so schön: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht - wie "Wolfman" leider nur allzu eindrucksvoll unter Beweis stellt…

Wertung:4 von 10 Punkten


Christian Siegel
(Bilder © Universal Pictures)


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